Das Erinnern weitergeben

Das Erinnern weitergeben

Anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau wurden mein Team, meine Schülerinnen und Schüler sowie ich von der Botschaft der Französischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland und dem Verein „Convoi 77“ herzlich durch Herrn Aquatella – CIVS Commission pour la restitution des biens et l’indemnisation des victimes de spoliation antisémites – eingeladen, am Dienstag, den 11. Februar 2025, um 18:00 Uhr (Wilhelmstr. 69 – 10117 Berlin) an einer Gedenkveranstaltung teilzunehmen.

Was tun? Es war der erste Ferientag der Winterferien, und die Schule begann erst wieder am Tag vor der Veranstaltung. Wie schaffe ich es, einerseits Schüler in den wohlverdienten Ferien zu motivieren und andererseits die Formalitäten und Finanzen zu organisieren – die Information der Schulleitung, der Schüler, der Eltern, der betroffenen Klassen- und Fachlehrer sowie eine Begleitperson? Hier ein besonderer Dank an meinen lieben Mann, Dr. Stephan Diller, der sich hier mal wieder sofort bereit erklärte.

Welche Schüler sollen angesprochen werden? Doch zeigte sich sehr schnell, wie gut unsere Schule hier flexibel handlungsfähig ist: Der werte Herr Rektor, Herr Cnyrim, gab am nächsten Morgen grünes Licht, und so begann unser kleines Abenteuer seinen Lauf zu nehmen. Letztendlich konnten wir mit einer Gruppe von 21 hochmotivierten Personen an der Veranstaltung teilnehmen, die wieder ein fächerübergreifendes Projekt der AG Schule mit Courage, des Französisch- sowie des LER-Unterrichts geworden ist. Dabei waren Schüler aus den Jahrgängen 7-10 der Gesamtschule Talsand mit Austauschschülern aus Blois in Frankreich verbunden, die gerade am Prenzlauer Gymnasium einen Erasmusaustausch machen, sowie der Fremdsprachenassistentin Frau Rosenfeld.

„Im Rahmen von deutsch-französischen pädagogischen Kooperationen, die vom Verein ‚Convoi 77‘ organisiert und betreut werden, stellen verschiedene Klassen aus Frankreich und Deutschland erinnerungskulturelle Projekte in Zusammenhang mit der Geschichte der Deportation nach Auschwitz-Birkenau vor. Schulklassen werden am Abend teilnehmen und die Möglichkeit haben, aktiv zum Austausch beizutragen.“

Das europäische Projekt Convoi 77, das zum Ziel hat, die Erinnerungskultur der Shoah mittels interaktiver und innovativer Methoden weiterzugeben, wurde auf ganz konkrete Weise von der deutsch-französischen Schule in Buc in Frankreich durch die Klasse 3A dargeboten. Die Klasse stellte ihr Projekt im Verlauf und in den Methoden vor. Sie recherchierten drei Biografien von Insassen des letzten Zuges, der am 31. Juli 1944 von Drancy nach Auschwitz mit 1306 Insassen – im Alter von 15 Tagen bis 87 Jahren – fuhr: Mirthil Cahen (1873-1944), Flora Cahen (1874-1944) und Riven Kirschbaum. Der Vortrag wurde abwechselnd in französischer und in deutscher Sprache gehalten.

Wir durften eintauchen in die Arbeit eines einjährigen fächerübergreifenden Projektes (Geschichte, Deutsch, Französisch, Kunst und Musik), das seinen emotionalen Höhepunkt durch die Darbietung von zwei Musikstücken von Deportierten dieses Zuges erreichte, die von der ganzen Klasse gesungen wurden und von einem Schüler auf der Gitarre begleitet wurden. Es war ein französisches und ein deutschsprachiges Lied. Wir waren von der Qualität und dem Engagement der jungen Schüler tief beeindruckt. Auch die Austauschschüler aus Blois waren von der Arbeit der Schüler sehr beeindruckt und konnten Während ihres Aufenthaltes in Deutschland die interkulturelle Erfahrung machen, wie sehr die Arbeit der Deutsch-französischen Klasse gewürdigt wurde. Ein rundum gelungener „Ausflug“, der alle Mühe der Organisation mehr als gelohnt hat.

Es war für alle Beteiligten eine große Ehre, an diesem Abend dabei gewesen zu sein. Der feierliche Moment des Gedenkens an die Opfer der Shoah durch die Darbietung des Gesangs der Lieder sowie der gegenseitige Austausch danach in den würdevollen Empfangsräumen der Botschaft werden uns lange im Gedächtnis bleiben. Unsere Schüler und Schülerinnen werden dieses Erlebnis sicher noch oft weitererzählen, damit die Erinnerung wach bleibt.

Ganz herzlichen Dank an die Schülerinnen und Schüler der Klasse 3A der Schule in Buc und ihre Lehrer: Frau Hoock-Douilly, Frau Rech und Frau Guerder! Und natürlich an die Einladenden der Französischen Botschaft sowie dem Service der Simultandolmetscher (Französisch <> Deutsch), der auch Schülern des LER-Unterrichts ermöglicht hat, den Ausführungen folgen zu können!

www.civs.gouv.fr/convoi-77-collegiens-buc-presentent-leurs-travaux-berlin?language_content_entity=fr

https://www.civs.gouv.fr/convoi-77-collegiens-buc-presentent-leurs-travaux-berlin?language_content_entity=fr

http://www.lfa-buc.fr/index.php?id_menu=173&id_article=220

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Déportés, leur ultime transmission

Im Rahmen eines Projektes des Französisch-, LER-Unterrichts und der AG Schule mit Courage besuchten am 19.09.2024 Schüler und Schülerinnen des Jahrgänge 11 und 12 eine Ausstellung und einen Vortrag im Institut Français in Berlin. Die französische Fotografin und Autorin Karine Sicard Bouvatier hat ein dreijähriges Projekt über die Weitergabe der Erinnerung zwischen den letzten Überlebenden der Todeslager und der heutigen Jugend durchgeführt. Ihr wurde bei den Begegnungen mit Überlebenden aus den Vernichtungslagern bewußt, dass die heutige Jugend wohl die letzte Generation ist, die noch mit den Überlebenden in direkten Austausch treten kann: Die Idee war geboren, die Überlebenden mit Jugendlichen zusammenzubringen, die in dem Alter sind, in dem sie damals selbst deportiert worden sind. 25 solcher Menschenpaare hat sie zusammengebracht, die sich über diese Zeit austauschten. Sie schrieb dazu Texte und erstellte jeweils ein gemeinsames Foto. Jedes Schicksal war für sich ergreifend. Die Ausstellung zu ihrem Buch: „Déportés, leur ultime transmission“ wird im Institut Français in Berlin gezeigt. Wir hatten die Gelegenheit die Ausstellung im Beisein von Karine Sicard Bouvatier und Léon Placek, einem jetzt 91 Jährigen, der mit 10 Jahren ins Vernichtungslager Bergen-Belsen gekommen war, zu betrachten. Anschließend hielt Léon Placek im Institut Français einen bewegenden Vortrag über seine Geschichte in Bergen-Belsen. Einem Kind von 10 Jahren, dass mit seinem 8-jährigen Bruder und seiner Mutter nach Bergen-Belsen deportiert wurde und dort Dinge erlebte, die man niemandem wünscht und die man sich so auch nicht vorstellen würde. Man versuchte jeden Tag zu überleben, hatte keine Zukunft und keine Freunde – nur Hunger und das ständig. Herr Placek hat extra für diesen Vortrag und die Ausstellung Berlin erstmals seit 50 Jahren wieder besucht. Wir danken ihm sehr für diese Möglichkeit, ihn gehört haben zu dürfen. Die Schüler lauschten seinen Ausführungen gebannt und hatten anschließend die Möglichkeit, ihm Fragen zu stellen. Nach dem Vortrag blieben wir noch im Institut Français zusammen, um gemeinsam über das Gehörte zu reden.

Die Ausstellung betrachteten wir im Beisein der Autorin und Fotografin Karine Sicard Bouvatier und dem Zeitzeugen Léon Placek.
Léon Placek und Karine Sicard Bouvatier
Die Arolsen Archives unterstützten die Ausstellung.
Noch immer gibt es viele Dokumente, die erschlossen werden müssen.

Im Nachgang bedankte sich auch das Institut Français für unsere Teilnahme: „Ich möchte mich nochmals im Namen des Institut Français und der Botschaft herzlich bedanken. Herzlichen Glückwunsch an ihre Schüler, die in ihren Beiträgen viel Relevanz und ein erfreuliches Interesse gezeigt haben. Herr Placek hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass dieser Besuch ein Highlight seiner Reise nach Berlin war und ihn sehr bewegt hat.“

Auf dem Rückweg legten wir einen Halt in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein, einem eindringlichen Mahnmal des Zweiten Weltkriegs.

Innenraum der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Erbaut von Egon Eiermann.

Auch das Mahnmal am Breitscheidplatz zum Attentat vom 19.12.2016 ließ uns nicht unberührt.

Voller intensiver Eindrücke fuhren wir wieder nach Schwedt/Oder zurück. Die Schüler und Schülerinnen waren sich einig, dass sie an diesem Tag eine Menge gelernt hatten und dieses Erlebnis nicht so schnell vergessen werden.

Wir bedanken uns ausdrücklich für die freundliche Aufnahme im Institut Français und die Einladung zu dieser Veranstaltung.

„Halte die Augen offen. Sei in der Lage, nein zu sagen zur Menschenverachtung, und ja zu Würde und Respekt.“ Marie-José Chombart de Lauwe, Überlebende des Holocaust, die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt wurde.

SOR – SMC Landestreffen – Courage-Schulen – im Netzwerk verbunden, aktiv und wirksam

Am 4.Juli.2024 trafen sich die Schulen des Netzwerkes Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage im brandenburgischen Landtag in Potsdam. Jede Schule konnte mit drei SchülerInnen, einer Lehrkraft und einer Schulsozialarbeiterin teilnehmen. Wir konnten erleben, was andere Schulen für Projekte machen, konnten uns in Workshops weiterbilden, austauschen und uns inspierieren lassen. Was wir mitgenommen haben, ist das beglückende Gefühl mit unseren Visionen nicht alleine zu sein. Aus dieser Stärke entstand die Idee, eine AG an unserer Schule zu gründen. Die Rückfahrt nutzen wir für eine erste Sitzung: 1. Schüler und Schülerinnen sollen den neuen Siebtklässlern dieses Netzwerk vorstellen. 2. Ein Brief solle an unseren politischen Paten gesendet werden, um Unterstützung für ein neues Schild an unserer Schule zu erbitten. 3. Beim Tag der offenen Tür solle das Projekt mit einem Stand im Eingangsbereich der Schule vertreten sein. 4. Der Talsandkodex solle in dieser Hinsicht neu überarbeitet werden. 5. Das Projekt solle in der Schule sichtbarer werden. 6. Das Logo gehört auf die Homepage der Schule. 7. Beim Antirassismustag soll einen Kochworkshop an unserer Schule angeboten werden. 8. Eine Präsentation der Ausstellung „Baseballschlägerjahre in Schwedt/Oder“ des Seminarkurses 12 soll anläßlich den Antirassismustages stattfinden.

Die Gründung unserer AG „Schule mit Courage“ – sie steht allen Schülerinnen und Schülern der Talsandschule zur Mitwirkung offen – erfolgte am gleichen Tag wie die Eröffnung der Synagoge in Potsdam, nämlich am 4. Juli 2024. Wir sind dankbar aktives Miglied in diesem Netzwerk von „Schulen mit Courage“ von mittlererweile 4400 Schulen in Deutschland, davon 104 in Brandenburg, zu sein.

Unser Versprechen vom 25.September.2019 lautet:

01. Ich setze mich dafür ein, dass meine Schule nachhaltige Projekte, Aktionen und Veranstaltungen durchführt, um Diskriminierung, insbesondere Rassismus, zu überwinden.

02. Wenn an meiner Schule Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen ausgeübt werden, dann wende ich mich dagegen, spreche dies an und unterstütze eine offene Auseinandersetzung, damit wir gemeinsam Wege finden, einander respektvoll zu begegnen.

03. Ich bin aktiv, damit meine Schule jedes Jahr Projekte gegen alle Formen von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, durchführt.