Filmpremiere: Dokumentarfilm „Shorashim“
Filmpremiere an der Talsand-Gesamtschule Schwedt
Eine Geschichtsstunde der besonderen Art erlebten 4 Kurse der Oberstufe an der Talsand-Gesamtschule Schwedt am Donnerstag, dem 19.12.2024.
Ein Filmteam unter der Leitung von Kinga Konieczny und Pawel Sroka aus Polen präsentierte den erst kürzlich fertiggestellten Dokumentarfilm „Shorashim“ (deutsch: „Wurzeln“), der uns mit der Stadt Stettin (heute Szczecin) sowohl in der Zeit des Holocaust als auch im Hier und Jetzt konfrontiert.
Die Schüler erfuhren vom Schicksal der dort vor dem II. Weltkrieg lebenden deutsch-jüdischen Familie Max und Rosa Nelke und ihrem Sohn Günter. 1939 gelang es diesem politisch engagierten jungen Mann, vor den Nazis über Prag nach Israel zu flüchten. Die betagten Eltern dagegen wurden 1940 deportiert und ermordet. Günter Nelke aber gründete in Israel eine Familie. Sein Sohn Peter wuchs dort fast ohne einen Bezug zu seinen deutschen Wurzeln auf. Nur ein einziges Foto seiner Großeltern verband ihn mit seiner deutschen Familiengeschichte.
Aber das sollte sich 2023/24 ändern. Das polnische Filmteam unter Mitarbeit der Universitäten Greifswald und Stettin beschäftigte sich mit den Deportationen der Juden aus Stettin und fand die Listen der 1940 Zwangsverschleppten. Recherchen ergaben, dass von den 1120 Frauen, Männern und Kindern nur 17 den Transport überlebt haben. So kam das Filmteam in Kontakt mit dem Enkelsohn Peter Nelke und gemeinsam begab man sich, begleitet von der Kamera, auf Spurensuche.
So sieht dieser erstmals die Stadt Stettin, das Wohnhaus der Großeltern und sogar, ein wunderbarer Moment des Films, deren Wohnung!
Im anschließenden Gespräch mit den Filmemachern konnten dazu Fragen gestellt werden und so erfuhren wir noch allerhand spannende Fakten zur Recherche, aber auch, dass es dem Enkelsohn bis heute verwehrt wurde, einen Stolperstein vor dem Haus der Großeltern in Stettin zu verlegen.
Ein wichtiger historischer Fakt wurde durch die Mitarbeiter des Filmteams auch in den Focus gerückt: Stettin war die erste deutsche Stadt, in der man ausprobierte, ob es möglich ist, Juden nachts aus ihren Wohnungen zu holen und sie in Lastwagen auf den Bahnhof zu bringen, wo die Züge für sie zur Deportation bereitstanden. Das Ergebnis entsprach den Wünschen der Nazis. Keiner hat sie bei dieser akribisch geplanten Aktion in der Nacht vom 12. zum 13. Februar 1940 behindert, niemand ist eingeschritten.
Für die Schüler war es eine Herausforderung der Filmhandlung zu folgen, da sie die Untertitel
mitlesen mussten und gleichzeitig eingeblendete Fotos und Dokumente zu betrachten hatten. Bemerkenswert fanden sie, dass man noch heute, nach so langer Zeit, Einzelschicksale recherchieren kann und viele Dokumente auffindbar sind. Aber auch, dass der Film den Bogen zur heutigen Zeit zieht, insbesondere zum Ukraine-Krieg.
Die Schüler wünschen sich, dass die Dokumentation noch einmal gezeigt wird, um sich noch besser auf den Inhalt konzentrieren zu können. Zudem ist „Shorashim“ eine Bereicherung für die Regionalgeschichte unserer Region und es bleibt auch aus der Sicht des Geschichtslehrers zu hoffen, dass dieser bemerkenswerte Film vielleicht unserem jüdischen Museum in Schwedt zur Verfügung gestellt wird. So kann er nicht nur weiteren Schulklassen gezeigt werden, sondern auch ein breites Publikum informieren.
Solveig Hoppert
![](https://www.talsand.de/wp-content/uploads/Foto-1-Filmvorfuehrung-360x480.jpg)
![Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Foto-2-Filmvorfuehrung-360x480.jpg](https://www.talsand.de/wp-content/uploads/image-2.jpeg)